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Einflugschneise ins Fledermausquartier, das gelbe Schild kündet vom geschützten Fledermausquartier © 2010 BBL M-V

Umbau zum Fledermausbiotop

24.06.2010 | Fertigstellung

Umbau zum Fledermausbiotop

24.06.2010 | Fertigstellung

Verkehrssicherung pro Artenschutz

24.06.2010 • Allgemeiner Landesbau
Aus dem ehemaligen Munitionsdepot Neustrelitz ist ein Fledermausbiotop geworden. Im Landkreis Mecklenburg-Strelitz, nordöstlich der Stadt Neustrelitz, liegt das Munitionsdepot im Einzugsbereich der bundeseigenen Forst. Die Anlage umfasst alte Relikte ehemaliger Schießstände, einschließlich ihrer Geschossfänge, Schutzgräben und Schützenständen sowie weiteren dreizehn Bunkern.
Alle Bunker sind in künstlich angelegte und mit Kiefern bestockte Erdwälle eingefügt sowie von einem Doppelrondell erschlossen. Nur wenige hundert Meter davon entfernt befinden sich die Kugelfänge mit den vorgelagerten Kontrollgängen.
Ausgehend von der Munitionsberäumung des Geländes haben wir, der für das Bauprojekt verantwortliche Geschäftsbereich Neubrandenburg des landeseigenen Betriebs für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V), mit Hilfe des Umbaus der bestehenden dreizehn Bunker zu Fledermausquartieren eine dauerhafte Symbiose zwischen Verkehrssicherung und Artenschutz gefunden.
Mit der Aufgabe der ursprünglichen Nutzung der baulichen Anlagen hat sich im Laufe der Zeit bereits ein ansprechendes Spektrum an Tierarten, hier insbesondere die Gebäude bewohnenden Fledermausarten, entwickeln können. Grund ist zum Einen die Strategie des Überwinterns aller in unserer Region vorkommenden Fledermausarten und zum Anderen die für diese Ansprüche geeigneten Quartiere, wie die nutzungsfreien unterirdischen Bauten der ehemaligen Bunker und Schutzgräben. Hier lassen sich neben der optimalen Temperatur ausreichend Verstecke durch offene Fugen und Spalten finden. Darüber hinaus sind die ehemaligen Schussfelder zunehmend mit Gehölzen bewachsen und die Kontrollgänge verschwunden. Letzteres begünstigt das Besiedeln der Standorte aufgrund der konsolidierten Vegetationsstrukturen.
Die Baumaßnahme dient zugleich der Ökokontierung - als Vorrat vorgezogener Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, um künftig zu erwartende Eingriffe in Natur und Landschaft kompensieren zu können. Hierfür ließ der Bewirtschafter der Liegenschaft das Gelände frühzeitig auf Populationen von Fledermäusen untersuchen. Dabei wurde vom Naturschutzbund Deutschland Kreisverband Greifswald e. V. (NABU e. V.) der Nachweis von bereits fünf Fledermausarten, wie die Zwerg- bzw. Mückenfledermaus, das Braunes Langohr, das Mausohr, die Wasser- und die Fransenfledermaus, im Bestand geführt - allesamt Arten, die nach Bundesrecht streng geschützt sind. In den feuchten Bunkern ist deshalb eine Regenleitung gelegt worden.
Im Rahmen der Überprüfung wurden alle Bauwerke begangen und das Umfeld während der Schwärmphase visuell untersucht. Daneben kam die akustische Analyse durch ein 90°-Endoskop an potentiellen Quartieren zur Anwendung. Neben der Feststellung des Winterquartierstatus durch konkrete Fledermausfunde gaben Kot und Fraßreste Auskunft über eine Besiedlung als Sommer- oder Zwischenquartier.
Unter fachlicher Einbindung der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises sind die Vorschläge zu Artenschutzmaßnahmen unter Leitung des BBL M-V Geschäftsbereich Neubrandenburg, gemeinsam erörtert und aufgrund der Vorschläge des EUROBATS optimiert worden.
Auf rund 700 m² Raum entstanden Unterschlüpfe für die fliegenden Säuger. Dafür wurden ganze Wandteile aufgemauert. Ein spezieller Stein aus Österreich kam hierfür zum Einbau. Auch aus Styropor wurden Behausungen errichtet, denn einige Fledermausarten benötigen trockene Unterkünfte. Die Bunkertüren wurden durch 30 cm dicke Betongusswände ersetzt, in die kleine Stahltüren eingebaut wurden. Insgesamt wurden fünf Bunker für feucht liebende Arten und acht Bunker für trocken liebende Arten hergerichtet. In den feuchten Bunkern ist deshalb an den Türen eine Regeneinleitung geschaffen worden.
Die Umsetzung der Baumaßnahme richtete sich aufgrund der speziellen Aufgabenstellung gezielt an Fachfirmen aus der Region, die langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet von Artenschutzmaßnahmen besitzen und bereits ähnliche Objekte mit Erfolg umsetzten.
Die Sicherung und Optimierung der baulichen Anlagen orientierte sich allem voran an den Ansprüchen der Zielarten unter Beachtung des jeweiligen Zustandes der baulichen Substanz. Die Ansprüche der nachgewiesenen Fledermausarten variierten folglich: von Arten mit Vorzügen für weniger Feuchtigkeit und relativ geringer Kälteempfindlichkeit bis zu jenen mit Präferenzen für hohe Luftfeuchtigkeit und frostfreie Voraussetzungen. Aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse an den jeweiligen Lebensraum wurden die dreizehn Bunker zu einem Teil durch geeignete Maßnahmen von dem trockenen Typ zu einem feuchten Quartierstyp umgewandelt. Zugleich kann das Artenspektrum möglichst variabel gesichert und darüber hinaus erweitert werden.

Im Zuge der ersten Winterquartierkontrolle im Januar 2010 sind in den Bauwerken sowie in der Umgebung schon jetzt Funde von weiteren Fledermausarten aufgetreten, darunter sogar kodierte Einzelexemplare, deren Aufenthalte so nachverfolgt werden können. Speziell für das Braune Langohr (Plecotus auritus) werden die aktuellen Quartierfunde auf die Liste der bedeutenden Winterquartiere des Landes Mecklenburg-Vorpommern gesetzt.

Ehemaliges Munitionsdepot Neustrelitz wird zum Fledermausbiotop

Bauherr Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den BBL M-V Geschäftsbereich Neubrandenburg
Bauüberwachung BBL M-V, Geschäftsbereich Neubrandenburg
Planung BBL M-V, Geschäftsbereich Neubrandenburg und Naturschutzbund Deutschland Kreisverband Greifswald e.V. (NABU e.V.)
Baukosten 58. 000 Euro
Baubeginn 09.2009
Bauende
Stand: 24. Juni 2010

Lageplan ehemaliges Munitionsdepot Neustrelitz

17235 Neustrelitz, An der B96

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