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Detailansicht der rückwärtigen Fassade mit Treppenhaus © 2023 SBL Greifswald

Polizei-Neubau mit Ausblick

14.09.2023 | Fertigstellung

Polizei-Neubau mit Ausblick

14.09.2023 | Fertigstellung

Polizeihauptrevier, Kriminalkommissariat Stralsund - Ersatzneubau in der Barther Straße 73

14.09.2023 • Landesbau
Das Land Mecklenburg-Vorpommern errichtete seit Dezember 2019 ein neues Dienstgebäude für das Polizeihauptrevier (PHR) und das Kriminalkommissariat (KK) in der Hansestadt Stralsund. Nach einer ca. dreieinhalbjährigen Bauzeit konnte im Juni 2023 das fertiggestellte neue Dienstgebäude in der Barther Straße an den Nutzer übergeben werden. Verantwortlich für das Bauprojekt war das Staatliche Bau- und Liegenschaftsamt (SBL) Greifswald.

Historie - Standort - bisherige Unterbringung

Das Baugrundstück Barther Straße 73 befindet sich im Westen der Stadt Stralsund zwischen Carl-Heydemann-Ring und Tribseer Damm. Vor 1970 befand sich auf dem Gelände das Gehöft der Familie Voss, zu dem neben einem eingeschossigen Bauernhaus auch Stallungen auf dem Hof gehörten. Das alles war Ende der 1960er Jahre für einen Polizei-Neubau abgerissen worden. Der Neubau wurde am 30. Januar 1970 eingeweiht.
Auf dem Grundstück befanden sich bis 2019 dieses Polizeigebäude der KK Stralsund, eine Garagenanlage, ein Funkturm und mehrere kleine Nebengebäude.
Nach fünfzig "Dienstjahren" war der für die damalige DDR typische Büro-Neubau in Plattenbauweise in die Jahre gekommen. Die vorhandene Bausubstanz war verschlissen und marode – undichte Fassaden, defekte Fenster, durchnässte Wände waren Realität. Unhaltbare Arbeitsbedingungen beeinträchtigten eine repräsentative, effektive und bürgernahe Polizeiarbeit sowohl im KK Barther Straße als auch im PHR in der Böttcherstraße seit langem ganz erheblich. Gebäude- und Raumstrukturen sowie technische Ausstattungen beider Standorte entsprachen nicht mehr den Anforderungen an eine funktionelle und moderne Polizeidienststelle. Da sich eine Sanierung der alten Gebäude als unwirtschaftlich erwies, fiel die Entscheidung für einen modernen Neubau als zukünftiges gemeinsames Domizil für beide Dienststellen.

Abbruch Altbestand - Interimsunterbringung während der Bauphase

Der Bestand auf dem Grundstück Barther Straße 73 wurde vor Errichtung des Neubaus abgebrochen. Bevor die Abrissbagger anrollen konnten, mussten jedoch die Schadstoffe fachgerecht ausgebaut, sortiert und entsorgt werden.
Bis zur geplanten Fertigstellung und Übergabe des Neubaus an die Nutzer war das KK vorübergehend im ehemaligen Finanzamt zu finden. Auch die Hundestaffel ist dort untergebracht. Im Oktober 2019 bezogen die Polizeibeamten die Räume in der unter Sicherheitsaspekten hergerichteten Interimsunterbringung in der Lindenstraße 136 im Stralsunder Stadtteil Kniepervorstadt. Das PHR war noch bis Juni 2023 wie gewohnt in der Böttcherstraße 19 für die Bürger erreichbar.

Städtebauliches Konzept

Der zweiflügelige Ersatzneubau des Hauptgebäudes in schlichter zeitgemäßer Architektur bildet den Abschluss einer geschlossenen Bebauung aus der Gründerzeit an der Barther Straße. Das städtebauliche Konzept betont die logische Erweiterung des Blockrandes in Höhe und Kubatur. Im Osten schließt das neue Gebäude mit vier Vollgeschossen direkt an die sehr hohe Brandwand des Nachbargebäudes an. Die leicht gebogene Kubatur - der Neubau präsentiert sich wie ein gebogenes L – ist an den Straßenverlauf angepasst, betont den Auftakt am Blockrand und nutzt den vorhandenen Platz optimal aus.  Um das Raumprogramm zu erfüllen, wurde die straßenseitige Bebauung um einen gestaffelten südlichen Flügel des Gebäudes mit drei Vollgeschossen ergänzt. Dadurch entsteht ein geschützter, interner Hofbereich, der über die westlich angrenzende Zufahrt mit Schrankenanlage erreichbar ist. Erforderliche Garagen, Carports und Stellplätze für Dienstfahrzeuge sowie Hundezwinger wurden im rückwärtigen Hof eingeordnet. Nicht überbaute Flächen im Hofbereich wurden begrünt und mit Bäumen bepflanzt. Im südwestlichen Bereich des Grundstücks entstand eine Notausfahrt, unabhängig von der Hauptzufahrt. Das gesamte Gelände wurde mit einem Zaun umschlossen. Der geschützte Haupteingang für Besucher befindet sich an der nordwestlichen Ecke des Gebäudes, ist von der Barther Straße aus erreichbar und wurde barrierefrei gestaltet. Direkt gegenüber des Haupteingangs, vor der Schrankenanlage, sind Stellplätze für Besucher inklusive eines Behindertenstellplatzes angeordnet.

Entwurfskonzept - funktionale und technische Besonderheiten

Der viergeschossige Neubau nimmt den Raumbedarf für das PHR sowie das KK mit dem Kriminaldauerdienst (KDD) und der KPI Ermittlungsgruppe auf. Das PHR mit Wache, Besucherzugang und rückwärtigem Gewahrsam ist in den unteren Geschossen zu finden. In den oberen Geschossen wurde das KK untergebracht. Im Polizeineubau wurden etwa 90 Arbeitsplätze für insgesamt 150 Mitarbeitende eingerichtet, die teilweise im Schichtdienst tätig sind.
Der Planung und Umsetzung lag ein ausgearbeitetes Raumprogramm für die Hauptbereiche PR und KK zugrunde. Abhängig von den raumtechnischen Anforderungen wurde dieses Raumprogramm im laufenden Planungsverfahren modifiziert und den Nutzervorgaben angepasst. Die Geschosse wurden entsprechend den geforderten Funktionen und Arbeitsabläufen aufgegliedert und sind barrierefrei erreichbar und nutzbar. Neben den Sonderarbeitsräumen wie z. B. Spurenermittlung sowie den Sozialbereichen und dem Schulungsraum dominieren Büros für ein bis zwei Personen. Das Gebäude verfügt über verschiedenste Sicherheitstüren, eine Hausalarm- und Einbruchmeldeanlage sowie eine Videoüberwachung. Mit dem nach modernsten Gesichtspunkten und entsprechend dem "Standardhandbuch für Polizeibauten" geplanten und fertig gestellten Neubau können die rund 150 Polizeibeamten hier deutlich verbesserte Arbeits- und Einsatzbedingungen spürbar erleben.

Die äußere Gestaltung

Die gebogene Fassade wurde mit Verblendmauerwerk aus unterschiedlich farbigem Material für die Klinker ausgeführt. Das Sockelgeschoss setzt sich durch den Materialwechsel deutlich ab, wodurch eine Differenzierung des Volumens des Baukörpers erreicht wird. Eine geschützte Eingangslösung entstand durch das Einziehen der Ecke. Im Erdgeschoss ist das Verblendmauerwerk mit horizontalen, umlaufenden Zierbändern gegliedert. Je Geschoss und unterhalb der Attika sind ebenfalls gliedernde Bänder ausgebildet.

Kunst am Bau

Für die künstlerische Gestaltung im Außenbereich wurde 2022 ein landesweiter Kunst am Bau-Realisierungswettbewerb ausgelobt. Von den 8 eingereichten Entwürfen konnte der Wettbewerbsbeitrag DER MENSCH STEHT IM MITTELPUNKT von Rainer Fest die Jury überzeugen und kam zur Ausführung. Hierbei handelt es sich um eine 4-teilige Installation, die mit Begriffen, Grundsätzen und diesem Kernsatz Bezug auf die Gesellschaft und das Wirken der Polizei nimmt:
  • 20 in der Pflaster- bzw. Rasenfläche vor dem Eingang eingelassene Granitsteine, davon 8 dunkle mit negativen Begriffen aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit (z.B. ANGST, OPFER, GEWALT …) und 12 helle mit positiven Begriffen aus der Polizeiarbeit (z.B. AUFKLÄRUNG, HILFE, GERECHTIGKEIT …)
  • Begriffe als Folienschrift auf der großflächigen Verglasung am Eingangsbereich, die das polizeiliche Wirken beschreiben (z.B. ZUSAMMENHALT, TEAMGEIST, MUT, VERSTÄNDNIS …)
  • 3 Bronzetafeln auf der Außenwand im Eingangsbereich mit polizeilichen Grundsätzen
  • 1 Bronzetafel mit dem Kernsatz DER MENSCH STEHT IM MITTELPUNKT im Boden des Eingangsbereiches innen eingelassen
Die genaue Auswahl der durch den Künstler vorgeschlagenen Begriffe erfolgte im Zuge der Realisierung gemeinsam mit den Mitarbeitenden der Polizei.

Bauliche und Technische Besonderheiten - Bauablauf - Sonstiges

  • Vor Beginn der Abbrucharbeiten musste die Herrichtung der Lindenstraße 136 als Interimsunterbringung erfolgen.
  • Ab November 2019 erfolgten die Trennung der Medien, Entsorgung von Schadstoffen und der Abbruch der Gebäude.
  • Aufgrund des morastigen Bodens war eine Pfahlgründung erforderlich. Gemäß Bodengutachten und Statik wurden im Herbst 2020, zum Baustart 108 Pfähle mit einem Durchmesser von ca. 60 cm und einer Tiefe von ca. 15 m erschütterungsarm gebohrt. Auf die Oberkante der Pfähle wurde ein Balkenrost gesetzt und darauf die Bodenplatte (Stahlbeton) gesetzt.
  • Zur Sicherung des Nachbargebäudes musste das Fundament unterfangen werden.
  • Im Schatten des Rohbaus, auf dem Hofgelände, entstand gleichzeitig der Komplex mit Carports und Garagen für die Dienstfahrzeuge sowie eine 80 kW Netzersatzanlage.
  • Die Nachhaltigkeit der Baumaßnahme wird z. B. durch die Montage einer 18 kW Photovoltaikanlage auf dem Flachdach, die Strom für den Eigenbedarf erzeugt, aber auch durch den Einsatz eines 12 kW BHKW Blockheizkraftwerkes sowie die kompakte Bauweise mit umweltschonenden Bauprodukten unterstützt.
  • Das komplette Erdgeschosses wird flächendeckend über eine Fußbodenheizung mit Wärme versorgt.

Bewirtschaftung

Nachdem das neue Dienstgebäude fertiggestellt ist, ging es mit Beginn der Nutzung durch die Polizei in die Bewirtschaftung durch das SBL Greifswald über. Bewachung, Reinigung, Pflege der Außenanlagen sowie die Versorgung mit Energie und Wasser gehört zu den liegenschaftsbezogenen Aufgaben, die vom Objektmanagement des SBL Greifswald beauftragt und überwacht werden.

Die wichtigsten Eckdaten - Ersatzneubau PHR und KK Stralsund

02/2016 Planungsauftrag zur Erstellung der Entwurfsunterlage (EW-Bau)
11/2017 Vorlage EW-Bau
04/2018 Genehmigung EW-Bau
04/2019 - 11/2019 Herrichtung Interimslösung (Lindenstraße 136)
10/2019 Umzug KK und Hundestaffel in Interimsquartier
11/2019 - 06/2020 Baubeginn vorbereitende Maßnahmen: Medientrennung, Baufeldfreimachung, Abbruch Gebäudebestand
06/2020 - 09/2020 Medienerschließung
09/2020 - 10/2020 Baubeginn Neubau - Bohrpfähle und Rohbauarbeiten
05.08.2021 Fertigstellung Rohbau - Richtfest
12.06.2023 Bauende - Technische Übergabe an den Nutzer
06.09.2023
Stand: 19.07.2023

Planungsdaten - Ersatzneubau PHR und KK Stralsund

Bauherr Land Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch den BBL M-V, Geschäftsbereich Neubrandenburg, ab 01/2020 durch das SBL Greifswald
genehmigte Gesamtkosten (inklusive 1. Nachtrag) 11,7 Millionen Euro
 davon Honorarkosten 1,7 Millionen Euro
 davon Kosten für Interimsunterbringung 1,4 Millionen Euro
 davon geplante Kosten für Kunst am Bau 41.000 Euro
Brutto-Grundfläche 3.241 m²
Nutzungsfläche 2.165 m²
Brutto-Rauminhalt 12.706 m³
Planung Gebäude - Architekt gmw planungsgesellschaft mbH, Stralsund
Planung Technische Ausrüstung BLS Energieplan GmbH, Greifswald
Tragwerksplanung Ingenieurbüro Küchler GmbH, Stralsund
Planung Außenanlagen AIU Architekten- und Ingenieurunion Stralsund GmbH
beauftragte Firmen aus MV (Bauleistungen)
Stand: 27. April 2021

Lageplan Ersatzneubau PHR und KK Stralsund

18437 Stralsund, Barther Straße 73

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