Erweiterungsbau der Hochschule für Musik und Theater wächst
09.09.2024 • Erweiterung für die Hochschule für Musik und Theater in Rostock (HMT)
Der Neubau der Pop-und Weltmusik mit Cafeteria/Mensa entsteht derzeit auf dem Gelände der HMT. Verantwortlich für das 22,9 Millionen Euro umfassende Bauprojekt ist das Staatliche Bau- und Liegenschaftsamt {SBL) Rostock.
Geschichte
Das denkmalgeschützte Gebäudeensemble der HMT hat seinen Ursprung im ehemaligen Katharinenkloster, das als Gründung des Franziskanerordens seine erste urkundliche Erwähnung 1243 erfährt. Es ist damit die älteste der drei Klosteranlagen der Rostocker Innenstadt.
Den Ausgangspunkt bildete eine spätromanische Saalkirche aus 13. Jahrhundert am südlichen Blockrand. Nach einem Stadtbrand wurde an gleicher Stelle eine frühgotische Hallenkirche errichtet. Gleichzeitig entstanden steinerne Klosterbauten nördlich der Kirche um einen Hof, die im 14. und 15. Jahrhundert mehrfach erweitert und umgebaut wurden.
In Folge der Reformation wurde das Franziskanerkloster 1534 aufgehoben und als Armen- und Waisenhaus genutzt.
Beim Stadtbrand von 1677 wurde die Klosterkirche bis auf den Chor zerstört. Vom Langhaus sind lediglich der untere Teil der Westwand aus dem späten 13. Jahrhundert mit dem Eingangsportal sowie der südliche Kapellenanbau erhalten. Der verbliebene Chor wurde zunächst zur Notkirche, später zum Speicher umgebaut, so dass man seine ursprüngliche Funktion nicht mehr erkennen kann.
Weitere Nutzungen waren Lazarett, Zuchthaus, Werkhaus, Industrieschule und psychiatrische Heilanstalt. Im 20. Jahrhundert wurde die Klosteranlage bis 1991 als Altenheim "St.-Katharinen-Stift" genutzt.
Im Zeitraum von 1998 und 2001 wurde das Katharinenstift im Auftrag des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Hochschule für Musik und Theater umgebaut. Das Landesbauamt Rostock beauftragte seinerzeit die Architekten Braun & Voigt aus Stuttgart. Die Bestandsgebäude wurden saniert und um neue Gebäudeteile erweitert. Der neu errichtete Katharinensaal schiebt sich in den ehemaligen Klostergarten und bildet seither den nördlichen Abschluss des Gebäudeensembles zur historischen Stadtmauer.
Dem vielgestaltigen Ensemble der HMT aus verschiedenen Zeitschichten wird mit dem Baukörper des Erweiterungsbaus ein sichtbarer neuer Baustein hinzugefügt. In seiner Gliederung, Fassadengestaltung und Materialität führt der Neubau die architektonische Qualität des Bestandes fort und verleiht damit der stadtgeschichtlich herausgehobenen Stellung der Klosteranlage Ausdruck. Der neue Baukörper fügt sich in die bestehende Höhenstaffelung des Gebäudeensembles bruchlos ein.
Nutzung
Die HMT wurde 1994 als eigenständige künstlerische Hochschule gegründet und hat seit 2001 ihren Sitz im ehemaligen Katharinenkloster der Hanse- und Univeristätsstadt Rostock. Derzeit studieren und arbeiten ca. 500 Personen an der HMT. Diese Zahl soll auf bis zu 700 Personen wachsen. Der sich hieraus ergebende Erweiterungsbedarf soll am bisherigen Standort gedeckt werden.
Entwurf
Der Baukörper der Erweiterung wird als massives Volumen mit betont geschlossenen Ecken aufgefasst, das entsprechend der inneren Funktionen eine rhythmisierte Lochfensterfassade erhält. Einzelne herausgehobene Räume wie beispielsweise die Probebühne oder der Gastraum der Mensa sind in der Fassade an deutlich größeren Fenstern ablesbar. Der Erweiterungsbau sucht seine Anknüpfung in der Materialität und Farbigkeit an die Bestandsgebäude. Die Fassade besteht aus hellbeigen Ziegelsteinen mit zurückhaltender Farbnuancierung. Und wird durch zurückversetzte Ziegelreihen auf Brüstungs- sowie auf Sturzhöhe der Fenster gegliedert.
Nachhaltiges und energieeffizientes Bauen
Für den Erweiterungsbau werden die Anforderungen gemäß GebäudeEnergieGesetz GEG 2020 nachgewiesen. Der Höchstwert für den grundflächenbezogenen Jahres-Primärenergiebedarf wird unterschritten und der geforderte Nutzungsanteil für erneuerbare Energien wird durch Solar-, Umweltenergie- und Abwärmenutzung nachgewiesen.
Alle opaken Außenbauteile des Neubaus werden mit einer hochdämmenden Schicht versehen, um Wärmeverluste zu minimieren. Es sind dreifach-verglaste Wärmeschutzfenster geplant. Das Gebäude wird über einen Nahwärmeanschluss beheizt. Die Be- und Entlüftung erfolgt zum Teil manuell mittels Fensterlüftung und ansonsten mit einer zentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Die Fenster werden mit außenliegenden Raffstoren ausgestattet, um überhitzende Sonneneinstrahlung im Sommer zu vermeiden. Auf dem Dach wird eine Photovoltaik-Anlage installiert. Der Neubau der HMT wird aus einer eigenen Trafostation versorgt.
Besondere Herausforderung
Der Erweiterungsneubau der HMT umgreift den rund 25 Jahre alten Bestandsbau des Katharinensaales auf drei Seiten. An den Anknüpfungspunkten der Erschließung greift der Neubau unmittelbar in Bestandbau ein. Das westliche Bestandstreppenhaus wird um ein vom Neubau auskragendes, über dem Bestand schwebendes Geschoss ergänzt.
Bei der zu einem Innenhof erweiterten Dachterrasse des bestehenden Bewegungsstudios verschwimmt die Grenze zwischen neu und alt.
Sowohl Neubau als auch der Bestand öffnen sich zu diesem gemeinsamen Außenraum mit neuer Qualität. Im Ergebnis verschmelzen alt und neu zu einem baulichen Gesamtgefüge. Um diese Verschmelzung präzise umzusetzen, ist es erforderlich, große Teile der Außenwände und des Daches des Katharinensaales auf den Rohbaustand zurückzubauen, durch neue Konstruktionen zu ergänzen und an den Neubau anzuschließen.
Eine besondere Schwierigkeit ist hierbei, die sehr gute akustische Qualität des Katharinensaals durch den Neubau nicht zu beeinträchtigen, sondern die zusätzliche Abschirmung gegen Umgebungsgeräusche positiv zu nutzen. Die Außenwände des Katharinensaals werden durch eine zweite, vorgesetzte Wand ergänzt. Der entstehende Hohlraum wird mit einer dämpfenden Mineralwolle ausgefüllt.
Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen alle Anschlussbereiche zwischen Bestand und Erweiterung. Die vollständige Eliminierung von Körperschallbrücken ist hierbei zentral. Insbesondere im Bereich der neuen Lüftungszentrale, die sich, wie ein Rucksack am Neubau hängend, über die Hinterbühne des Katharinensaales schiebt, ist dies eine Herausforderung. Trotz der den Katharinensaal allseitig umschließenden Baustelle wird die Nutzung des Saales - soweit dies möglich ist - weiter aufrechterhalten. Hierfür ist es notwendig, Fluchtkorridore von den Notausgängen des Katharinensaales durch die Baustelle ins Freie auszubilden und freizuhalten bzw. an den Baufortschritt immer wieder anzupassen.
Oberhalb des Theatersaales mit empfindlicher Bühnentechnik finden die Arbeiten am Bestandsdach statt. Die Baustelle lenkt bis zur kompletten Abdichtung und der Installation der neuen Dachentwässerung immer wieder Wasser an kritische Punkte des Bestandsgebäudes. Deshalb ist hier besonders umsichtiges Handeln aller Beteiligten und die Geduld der Nutzer gefordert.
Kunst am Bau
Im Rahmen des Neubauprojekts lobt das Land Mittel für eine Kunst am Bau aus. Das SBL Rostock führt zur Auswahl eines Kunstwerkes einen Wettbewerb. Lesen Sie hier mehr dazu.
Planungsdaten Erweiterungsbau Hochschule für Musik und Theater in Rostock
Bauherr | Land Mecklenburg-Vorpommern vertreten durch das Staatliche Bau- und Liegenschaftsamt Rostock |
---|---|
geplante Gesamtbaukosten | 22,9 Millionen Euro |
beauftragte Architekten | Knoche Architekten BDA, Leipzig |
Tragwerksplanung: | IB Horn + Horn, Neumünster |
Planung Heizung, Lüftung, Sanitär | PLAN TEC Ingenieurgesellschaft mbH, Elmenhorst |
Planung Elektrotechnik | HDH Waren GmbH, Waren |
Baubeginn | 06.2022 |
Grundsteinlegung | 6. Oktober 2023 |
Richtfest | 18. September 2024 |
geplantes Bauende | 03.2026 |
Nutzfläche | 2.063 m² |
Brutto-Rauminhalt | 18.421 m³ |
Hochschule für Musik und Theater in Rostock
18055 Rostock, Beim Katharinenstift 8